Ein Beitrag von Laura, Emilia und Ada (8c)
Innstraße 17 in Berlin-Neukölln, an einem grauen Dezembertag: ein weiß gestrichener Raum, leise Instrumentalmusik im Hintergrund, ein grauer Dreisitzer und ein paar Stühle, vorne ein Mikrofon, welches sich ständig von selbst ausschaltet. In der Mitte des Raumes liegen Karten: Veto, Klarheit, Tempo, Verantwortung, Störgefühl, Freispiel und Blick von außen. Daneben handgeschriebe Karten wie Gruppenfoto oder wütend. Eine Stimme ertönt: „Jetzt umdrehen und tanzt einen traurigen Tanz!“ Eine Person beginnt, sich langsam im Raum zu bewegen, die anderen elf bleiben an die Wand angelehnt stehen. Eine neue Person tritt ans Mikro: „Lauft in Tempo acht durch den Raum!“ Alle bis auf eine Person beginnen, herumzurennen. „Macht eine verliebte Pose!“ Kopfschüttelnd laufen alle zurück an die Wand. 30 Minuten später: „Macht ein wütendes Gruppenfoto!“ Gespannte Augen beobachten, wie sich nach und nach eine grimassenschneidende Gruppe als Pulk zusammenfindet. Jeder ist vollkommen in seiner Rolle.
Am 20. Dezember 2024 waren wir mit unserer Klasse im Rahmen des Vincentino-Projekts beim ACT_LAB in der Innstraße 17. Dort haben wir an einem Workshop teilgenommen.

WAS IST ACT?
Act, einfach nur ein Theater? Oder doch mehr? Act.e.V. ist ein Theater für Jugendliche und junge Erwachsene in Neukölln. Doch es unterscheidet sich deutlich von anderen Theatergruppen! „Es ist nicht so, dass einfach jede Person eine Rolle zugeteilt bekommt, sondern dass man selber entscheiden kann, was man machen will und worauf man Lust hat.“ Dabei verarbeiten die Teilnehmer persönliche Geschichten oder ihre eigene Perspektive zu verschiedenen Themen. Dabei spielt auch das Veto-Prinzip von Maike Plath eine Rolle. Die Theatergruppe wird geleitet von Hussein El-Iraqui und Mohammed El-Iraqui.
DAS VETO-PRINZIP
Veto? Vielleicht habt ihr schonmal davon gehört, aber was ist das eigentlich? Bei Act e.V hat das Veto eine ganz besondere Funktion. Vielleicht ist dir schlecht, vielleicht ist dir etwas peinlich oder du hast einfach keine Lust. Mit Veto schützt du dich selbst und kannst nein sagen, ohne irgendetwas zu begründen.
BESUCH BEIM HEIMATHAFEN
Nachdem wir den Workshop mit der Klasse besucht hatten, wollten wir umbedingt mehr erfahren. Und so fanden wir uns genau vier Wochen später im Heimathafen wieder. Der Heimathafen ist in der Karl-Marx-Straße 141 und gut erkennbar an der neonblauen Leuchtschrift. Wir waren hier, um bei der Probe von Act dabeizusein. Schon ein bisschen verspätet folgten wir ein paar Jugendlichen, in der Hoffnung, dass sie zu Act gehörten. Und wir hatten Glück und wurden direkt in einen großen offenen Raum mit sehr coolen Lamettalampen geführt. Es war sehr spannend zu sehen, wie die Gruppe auf uns reagierte. Normalerweise ist es eher eine unangenehme Situation, wenn man auf einen neuen Ort trifft, aber das war bei Act anders. Wir wurden angelächelt und akzeptiert. Man hat sich sofort irgendwie aufgenommen gefühlt. Im Anschluss verteilten sich alle, die wollten, in Gruppen oder alleine im Heimathafen. Später erfuhren wir von Teilnehmern, dass jedes „Act-Jahr“ sich auf ein Thema bezieht, welches „Lebenszeit“ lautet. Manche stellten selbst ausgedachte Szenen nach, andere unterhielten sich mit einer anderen Person, manche lasen sehr poetische Texte vor. Es war spannend, somit die sehr unterschiedlichen Gedankengänge zu dem Thema zu erfahren. Am Ende konnten alle, die wollten, etwas vor den anderen vorstellen. Die Vorstellungen waren unglaublich! Wir haben zusammen gelacht und hatten sogar Tränen in den Augen. In diesem Moment haben wir uns sehr verbunden mit der Gruppe gefühlt und sind immer noch so dankbar, dass wir diesen sehr intimen Moment miterleben durften.
MEINUNGEN VON DEN TEILNEHMERN
Im Heimathafen haben wir mit vielen Teinehmern gesprochen und haben nach ihren Geschichten und Erfahrungen mit Act gefragt. Auf die Frage „Wie seid ihr auf Act.e.V. gekommen?“ antworteten die Teilnehmer: durch Instagram, Freunde oder Verwandte. Das Veto-Prinzip ist für manche Teilnehmer ein wichtiger Teil der Gruppe, für andere verbindet sie nichts als Gruppe, sie sind eher für sich selbst dort. „Beim Theaterspielen kann jeder so sein, wie er ist, und sich selbst ausprobieren mit dem Interesse daran, etwas auf die Bühne zu bringen“, erzählte uns eine Teilnehmerin. Die Teilnehmer verbindet als Gruppe, dass man nicht von anderen beurteilt wird und dass alle Spaß am Theater und Schauspiel haben. „Wir sind alle sehr unterschiedlich, doch die Entscheidung, hier herzukommen, war bei allen gleich“, teilte uns eine Teilnehmerin mit.
Hier könnt ihr mal hineinhören, wie eine Teilnehmerin beschreibt, was die Gruppe bei ACT verbindet:
In dieser Aufnahme erzählt ein Teilnehmer von seinem ersten Tag:
DIE MENSCHEN HINTER ACT e.V
Anna Maria Weber ist Teil des Leitungsteams bei Act und übernimmt die Öffentlichkeitsarbeit. Sie sagt, dass bei Act alle durch das Veto verbunden sind und vor allem dadurch, dass alle wissen, dass sie nichts machen müssen, wenn sie es nicht wollen, sondern dass alle das machen dürfen, worauf sie Lust haben. Außerdem verbindet sie das Interesse an anderen Menschen, weil jeder so sein darf, wie er ist.
Hussein El-Iraqui ist der Leiter des ACT-Labs, übernimmt allerdings auch mit seinem Bruder Mohammad die Kursleitung im Heimathafen in Neukölln. Er findet, dass die 7 Jokerkarten (siehe Einleitung…) helfen, miteinander zu arbeiten und zu kommunizieren. Außerdem führen sie dazu, dass die Teilnehmenden Veto sagen und sich dadurch schützen können.
Hussein erzählt von seinen Anfängen bei Act.e.V und wie ihm Act als junger Mensch geholfen hat:

FAZIT
Kommen wir zurück zu unserer Leitfrage: Wie verbinden wir uns? Nach unseren Besuch bei Act.e.V ist uns dazu einiges klar geworden. Wir verbinden uns durch Dinge, die wir gemeinsam haben wie zum Beispiel das Schauspiel und der Wunsch danach, etwas auf die Bühne zu bringen bei ACT.e.V. Wir verbinden uns, indem wir den Fokus nicht auf unsere Unterschiede, sondern auf unsere Gemeinsamkeiten legen.
AUSBLICK
Du hast jetzt auch Lust auf megacoole Proben mit supernetten Teilnehmern und Leitern, bei denen du einfach du selbst sein kannst? Außerdem möchtest du gerne an bundesweiten Workshops teilnehmen, wo du dich mit Menschen nicht nur aus deinem Kiez verbinden kannst? Dann solltest du unbedingt auch mal bei Act e.V. vorbeischauen, denn dort findest du wirklich all das! Oder komm einfach zur nächsten Veranstaltung am 06. Juli 2025 um 13:00 Uhr in der Anzengruberstraße in Neukölln! Denn dort findet das Straßenfest „Act on Air“ statt, bei dem äußerst interessante und inspirierende Vorstellungen aus unterschiedlichen Projekten präsentiert werden.